Gastartikel von Chiara Leschnig, Redakteurin bei Solaridee
Balkonkraftwerke sind kleine PV-Anlagen, die – wie der Name schon sagt – auf dem Balkon angebracht werden können. Die Mini-PV-Anlagen funktionieren genauso wie konventionelle Dach-Solaranlagen, sind aber kleiner. Befestigt werden sie zum Beispiel am Balkongeländer oder auch an der Fassade. Sie bieten Mieter*innen die Möglichkeit ihren Beitrag zur Energiewende zu leisten – auch ohne eigene Dachfläche.
Balkonkraftwerk und Dach-Anlage: Was ist der Unterschied?
Das Balkonkraftwerk unterscheidet sich im Wesentlichen nicht von einer klassischen Photovoltaikanlage auf dem Dach. Die Module basieren auf derselben Technik und auch der technische Aufbau ist derselbe. Während die große PV-Anlage auf dem Dach aber extra von einer Fachperson in das Hausnetz eingebunden wird, kann das Balkonkraftwerke einfach mit einem Stecker eingesteckt und direkt genutzt werden. Der Vorteil liegt daher ganz klar in der umkomplizierten Installations- und Nutzungsweise.
Auch wenn es der Name vermuten lässt, müssen Balkonkraftwerke nicht zwangsläufig auf dem Balkon angebracht werden. Genauso können sie auch auf der Terrasse aufgestellt werden oder zum Beispiel an der Fassade montiert werden. Dafür gibt es verschiedene Montagemöglichkeiten: Oft werden die Module am Balkongeländer aufgehangen oder – für bessere Erträge – aufgeständert, sodass die Module im optimalen Winkel zur Sonne stehen.
Balkonkraftwerk und Einspeisevergütung?
Die Einspeisevergütung ist eine Fördermöglichkeit, die vor allem zum Bau von Dachanlagen motivieren sollen. Wird einmal mehr Solarstrom produziert, als im Haushalt direkt verbraucht werden kann, wird dieser gegen die Einspeisevergütung an den Netzbetreiber abgegeben.
Für Balkonkraftwerke gilt allerdings die 600-Watt-Regelung, die besagt, dass die Mini-PV-Anlagen maximal 600 Watt erzeugen dürfen.
Wichtig hierbei ist die Unterscheidung in die Leistung des Wechselrichters und die Leistung der Solarmodule selbst. Die ans Leitungsnetz abgegebene Leistung wird vom Wechselrichter begrenzt, egal wie viel Leistung die angeschlossenen Solarmodule erzeugen können. Die Modul-Leistung wird in Wp (Watt Peak) oder kWp (Kilowatt Peak) angegeben, sie beschreibt wie viel Spitzenleistung („Peak“) die Module bei idealer Ausrichtung und perfekter Einstrahlung theoretisch erzeugen könnten. Da diese Bedingungen selten bis nie vorliegen, können die Solarmodule zusammen deutlich mehr als 600 Wp haben – selbst mit 700 Wp werden Sie selten über 400 W erzeugen. Achten Sie außerdem darauf, dass der Wechselrichter möglichst kühl bleibt (im Schatten und gut gelüftet angebracht ist), weil er bei Erhitzung weniger leistet.
Der meiste Strom kann dadurch ohnehin selbst verbraucht werden, sodass es generell nur selten zur Überschusseinspeisung kommt. Die Einspeisevergütung wird wegen des bürokratischen Aufwandes daher nur selten für Balkon-Solaranlagen in Anspruch genommen. Kommt es dennoch einmal zu einem Überschuss, wird dieser dann ohne Vergütung eingespeist. Wichtig ist daher, dass der Stromzähler dabei nicht rückwärts läuft.
Wer möglichst viel des eigenen Solarstroms selber nutzen möchte, passt den eigenen Stromverbrauch an die Leistungskurve der Solaranlage an. Konkret bedeutet das, dass Verbraucher wie die Waschmaschine oder Spülmaschine vor allem gegen Mittag, also zur ertragreichsten Zeit, genutzt werden sollten. Große PV-Anlagen werden oft auch mit einem Stromspeicher (Batterie/Akku) ausgestattet. So kann überschüssiger Strom gespeichert werden und später, wenn die Sonne nicht scheint, genutzt werden. Damit wird der Eigenverbrauch erhöht und es muss weniger Netzstrom zugekauft werden. Für ein Balkonkraftwerk lohnt sich das aber nicht. Der Stromspeicher ist zu teuer und der Überschuss aus der Mini-Anlage zu gering, sodass bei Einsatz von Batterien die Stromgestehungskostem letztlich über dem Einkaufspreis für Netzstrom liegen würden.
Warum sich ein Balkonkraftwerk lohnt
Obwohl die Plug-and-Play-Anlagen in der Regel nur aus ein oder zwei PV-Modulen bestehen und damit wesentlich kleiner sind, als Dachanlagen, lohnt sich die Anschaffung meist trotzdem. Denn auch wenn dadurch keine 100%ige Autarkie erreicht werden kann, wird die Grundlast des Haushaltes gemindert. Der allgemeine Stromverbrauch des zugekauften Stromes sinkt also – und damit auch die Stromkostenabrechnung. Verbraucher, die rund um die Uhr laufen, wie zum Beispiel der Kühlschrank, können dann durch den Solarstrom aus dem Balkonkraftwerk versorgt werden und so die Stromkosten auf das Jahr gesehen deutlich senken.
Balkonkraftwerke werden meist im Set verkauft, die Kosten richten sich dabei vor allem nach der Leistung. Auch zusätzliche Ausstattung wie spezielles Montagematerial oder eine eigene Einspeisesteckdose wirken sich auf den Preis aus. Grundsätzlich sind die Mini-Solar-Sets bereits ab ca. 500 Euro zu haben. Wie schnell sich die Anlage amortisiert hängt von der Leistung und den Anschaffungskosten ab. Die meisten Balkonkraftwerke amortisieren sich aber bereits nach etwa 6 Jahren. Da die Module eine Lebenserwartung von mehr als 20 Jahren haben (vor den Modulen selbst geht meist der Wechselrichter kaputt), können also mindestens 14 gewinnbringende Jahre eingeplant werden.
Förderungen für Balkon-Solaranlagen
Die PV-Anlage für den Balkon gibt auch Mieter:innen die Chance, eigene Solarenergie zu ernten. Einige Städte und Gemeinden haben daher Förderungen ins Leben gerufen, um möglichst viele für die Investition in das eigene Balkonkraftwerk zu motivieren. Es lohnt sich daher bei den örtlichen Anlaufstellen nachzufragen, ob es solche Förderungen auch für die eigene Region gibt. Die Stadt Bonn beispielsweise bezuschusst Stecker PV-Anlagen mit 50 Euro pro Modul. In Braunschweig liegt die Förderung je nach Leistung sogar bei bis zu 400 Euro. Mit der Förderung können die Anschaffungskosten gesenkt werden, sodass sich die Anlage schneller amortisiert. Die Förderdatenbank fasst alle entsprechenden Programme zusammen.
Balkonkraftwerke in der Politik
Theoretisch ist das Balkonkraftwerk eine sehr einfache Möglichkeit eigenen Solarstrom zu produzieren und damit die Energiewende voranzubringen. Obwohl sehr viele Haushalte ein Balkonkraftwerk gewinnbringend installieren könnten, sieht man die steckerfertigen PV-Anlagen aber nur selten. Der Grund dafür liegt oft in den viel zu hohen Hürden, die vorab überwunden werden müssen.
- Dazu zählt zum Beispiel die Maximalleistung von 600 Watt, wonach der Wechselrichter maximal eine Leistung von 600 Watt erzeugen darf. Anlagen über diesem Wert unterliegen anderen Auflagen und bedeuten daher wesentlich mehr Aufwand. Diese Begrenzung führt allerdings dazu, dass gute Flächen oft nicht voll genutzt werden können oder die Motivation fehlt, wenn die Rendite ohnehin nicht voll ausgeschöpft werden kann.
- Mieter müssen die Erlaubnis des Vermieters einholen, wenn sie im Außenbereich des Gebäudes ein Balkonkraftwerk anbringen möchten (z.B. Fassade oder Balkongeländer). Der Vermieter kann dies dann auch verbieten (aus ästhetischen Gründen, aus Gründen der Sicherheit oder der baulichen Veränderung). Auch wenn Sie keinen der Gründe nachvollziehen können, müssen Sie diese Entscheidung akzeptieren, da der Vermieter der Besitzer des Gebäudes ist – er muss gar keinen Grund nennen. Sie können allerdings die Module auf dem Balkon aufstellen oder auch hinter dem Fenster (wobei dies natürlich den Ertrag stark mindert). Miteigentümer eines Mehrfamilienhauses (Eigentumswohnung) dagegen können zwar die Zustimmung der Miteigentümerversammlung erwirken um Missstimmungen zu vermeiden, sind dazu allerdings nicht verpflichtet, da sie selbst Eigentümer des von ihnen bewohnten Gebäudeteils sind. Sie dürfen die Anlage daher auch anbringen, wenn die Miteigentümer damit nicht einverstanden sind.
- Auch was den Anmeldeprozess betrifft gibt es oft Unklarheiten, die den Ausbau bremsen: Grundsätzlich muss die Mini-PV Anlage beim Netzbetreiber und im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur angemeldet werden, jedoch keine Erlaubnis vom Netzbetreiber eingeholt werden. Oft hört man aber von Netzbetreibern, die der Anmeldung nicht zustimmen oder die Installation durch einen Elektriker verlangen (welche zum einen teuer ist, zum anderen von Elektrikern wegen der Trivialität auch meist abgelehnt wird) und teilweise sogar mit einer Trennung vom Netz drohen. In diesem Fall sollte man sich auf sein Recht berufen: Ist die Anlage konform mit der entsprechenden VDE-Norm, kann der Netzbetreiber den Anschluss nicht verbieten. Um derartigem Ärger zu entgehen, melden viele Betreiber ihre Anlage gar nicht erst an – hier spricht man von Guerilla-PV. Da die Anlage weniger Leistung hat als ein Staubsauger, besteht eine technische Gefahr nur bei sehr alten Stromleitungen, an die man auch keinen Heizlüfter gefahrlos anschließen könnte. Theoretisch könnte für die Nichtanmeldung ein Bußgeld verhängt werden, dies ist jedoch soweit bekannt noch nie vorgekommen.
- Außerdem verlangen Netzbetreiber manchmal den Anschluss über eine sogenannte Einspeisesteckdose (Wieland-Dose) oder eine feste Anbindung an das Hausnetz (ohne Steckdose) und verbietet die Verwendung einer normalen Haushaltssteckdose. Der Sinn dahinter ist laut VDE-Norm, dass der Benutzer beim Herausziehen der Dose keinen elektrischen Schlag bekommt. Die Zeit, in der der Wechselrichter jedoch nach der Trennung noch Strom liefert ist inzwischen derart kurz (Milisekunden), dass es unmöglich ist, sie in dieser Zeit zu berühren. Außerdem ist die VDE-Norm kein Gesetz, kann also nicht durchgesetzt werden. Darüberhinaus hat der Netzbetreiber auf Elektroinstallationen hinter dem Zähler (also in Ihrem Haushalt) keine Rechte. Er darf nur Dinge verlangen, welche sich auf das Netz vor dem Zähler auswirken können (bspw. Überlastung oder Strom-Rückfluss) – dies ist der Grund für den evt. notwendigen Zählertausch (s.o.).
- In einigen Fällen verlangt der Netzbetreiber auch den Zählertausch eines digitalen Zählers mit Rücklaufsperre gegen einen Zweirichtungszähler und der Betreiber soll die dafür anfallenden Kosten zu tragen. Dies ist reine Schikane, weil Sie wie geschildert sowieso keine Einspeisevergütung bekommen. Der Netzbetreiber darf natürlich nach eigenem Gutdünken den Zähler tauschen und Sie dürfen dies auch nicht verweigern, sofern der vorhandene Zähler aber bereits über eine Rücklaufsperre verfügt, muss der Netzbetreiber die Kosten für den Tausch aber vollständig selbst tragen.
Weitere Informationen zum Thema Anmeldung finden Sie hier
Fazit: Balkonkraftwerke bringen die Energiewende in die Stadt
Balkonkraftwerke mögen wesentlich weniger Erträge einfahren, als große Dachanlagen. Trotzdem sind sie ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Energiewende, denn: Sie erschließen neue Flächen und diese Flächen brauchen wir! Mit einem Balkonkraftwerk kann beinahe jeder sich an der Energiewende beteiligen. Was im einzelnen nur geringe Solarerträge sind, können zusammen dann wesentliche Verbesserungen im Energiemix bedeuten und uns einen echten Solar-Booster verpassen. Umso wichtiger ist es daher, die Investition in ein Balkonkraftwerk möglichst einfach zu gestalten, bürokratische Hürden abzuschaffen und Unklarheit mit Aufklärung entgegenzuwirken!
Chiara Leschnig schreibt normalerweise für die Wissensplattform solaridee.de. Dort dreht sich alles um die Kraft der Sonne und wie wir sie am besten für uns nutzen können! Neben weiteren Infos rund um Balkonkraftwerke findest Du dort auch weitere innovative Ideen, wie Solarenergie möglichst vielfältig genutzt werden könnten.
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