Nur ein bisschen Klimaschutz ist kein Klimaschutz

„Ein bisschen Klimaschutz, je nach dem was wir uns leisten können“. Das ist die Botschaft und das Dogma, das wir von  konservativen Politikern zu hören bekommen, wieder und wieder. Dabei ist Klimaschutz und Energiewende eine riesige Chance für uns alle und für unser Land. Aber wenn wir nicht JETZT beherrscht und schnell beginnen Medien und Politik wach zu rütteln, werden wir alle die Konsequenzen zu tragen haben. Die ganz Alten werden das nicht mehr erleben. Nur die Konservativen und vor allem die im mittleren Alter und die Jungen werden es verantworten müssen, nicht gehandelt zu haben. Die Schuld die sie damit auf sich nehmen werden sie kaum tragen können.

Dies ist das Vorwort von Susanne Jung aus dem neusten Solarbrief des SfV, den man hier frei herunterladen kann. Bitte unterstützt den Solarenergie Förderverein mit einer Spende oder am besten mit einer Mitgliedschaft.

Gastbeitrag von Susanne Jung, SfV

Meteorologen melden in diesen Tagen, dass die Temperaturen am Polarkreis einen neuen Rekordwert erreicht haben [1]. In der sibirischen Stadt Werchojansk traten sengende 38 ° C auf. Den Aufzeichnungen zufolge könnten die Höchsttemperaturen um bis zu 18 ° C höher gewesen sein als die durchschnittliche maximale Tagestemperatur im Juni. Heißes Sommerwetter – so die Experten – sei am Polarkreis zwar keine Seltenheit, dennoch gäbe es in den letzten Monaten ungewöhnlich hohe Temperaturen.

Zur gleichen Zeit warnen Klimawissenschaftler, dass ein Zusammenbruch der menschlichen Zivilisation möglicherweise unvermeidlich bevorstünde [2]. Neun der fünfzehn bekannten globalen Klima-Kipp-Punkte, die den Zustand des Planeten regulieren, seien bereits aktiviert. Dazu gehören das arktische Polareis und der sibirische Permafrostboden. Der emeritierte Professor Will Steffen von der Australian National University konstatierte, dass Netto-Null-Emissionen, die global bestenfalls in 30 Jahre (eher sogar später!) umgesetzt werden würden, bereits zu spät kämen.

Diese erschreckenden Meldungen verbreiteten sich in Windeseile und sind – wie wir alle wissen – beileibe nicht die ersten ihrer Art. Es ist völlig klar, dass sie auch bei denjenigen angekommen sein müssen, die politische Verantwortung tragen und durch ihr Zögern den Fortbestand der menschlichen Zivilisation aufs Spiel setzen.

Ein bisschen Klimaschutz reicht nicht. Alle Bereiche müssen auf den Kopf gestellt und auf ihre Treibhausgas-Wirkung betrachtet werden. Konsequente politische Entscheidungen müssen getroffen und umgesetzt werden, die die fossilen Verbrennungen zügig unterbinden und volkswirtschaftliche Investitionen in Erneuerbare Energien, CO2-Rückholung und Nachhaltiges Wirtschaften lenken.

Für geeignete Maßnahmen gebe es nur noch einen Zeitraum von etwa zehn Jahren, so Prof. Hans-Joachim Schellnhuber [3]. „Technisch, physikalisch und selbst wirtschaftlich können wir die Begrenzung noch erreichen. Wenn wir allerdings noch eine Dekade verlieren, dann ist der Zug wahrscheinlich abgefahren.“

Doch von wirksamen Klimaschutz sind wir hier in Deutsch-land noch weit entfernt. In der jüngsten Stellungnahme, die unsere Juristen Frau Dr. Franziska Heß und Prof. Felix Ekardt zu unserer Klimaklage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht haben, reagieren wir auf die aktuelle, völlig marode bundesdeutsche Klimaschutz-Gesetzgebung und die verantwortungslosen Gegen-Statements der Bundesregierung und des Bundestages zu unseren Argumenten [4]. Wir legten dar, dass auch nach 1 ½ Jahren noch immer nicht sichergestellt ist, dass Deutschland seine völkerrechtlich verbindlichen Verpflichtungen des Paris-Abkommens einhält.

Und kaum eine Woche vergeht, an der wir beim SFV nicht aufgefordert werden, unsere Stimme gemeinsam mit anderen GEGEN den Klimaschutz-Frevel und FÜR die schnellstmögliche Energiewende zu erheben. Die Zahl derjenigen, die sich in öffentlichen Petitionen, Unterschriftenlisten und Offenen Briefen energisch für Klimaschutz und nachhaltiges Wirtschaften aussprechen, nimmt stetig zu. Umweltorganisationen bündeln ihre Kräfte, um gemeinsame Zielsetzungen zu formulieren und lokale Bündnisse formen sich. Auch der SFV beteiligt sich nach Kräften daran.

Und der öffentliche Druck wird weiter wachsen. Er wird politischen Entscheidungsträgern deutlich machen, wie dringend es ist, sich aus den Fesseln des Lobbyismus der fossilen Energiewirtschaft und der Wirtschaftswachstums-Dogmen zu befreien. Wir brauchen Wege aus der Umwelt- und Klimakrise. Deutschland muss einen entscheidenden Beitrag dazu leisten. Mit einer umfassenden, am besten auch dezentralen, bürgernahen erneuerbaren Energiewende bis spätestens 2030 und einer neuen Klimaschutzgesetzgebung [5], einer nachhaltigen, ressourcensparenden Industrie und einer nun zusätzlich noch zwingend notwendigen Rückholung von Treibhausgasen aus der Atmosphäre können wir in unserem Land einen wesentlichen Beitrag zur Rettung des Planeten leisten.

Ihre Susanne Jung

[1] https://www.bbc.com/news/science-environment-53140069?fbclid=IwAR26kzS5Ii7poNli5VRLrpbFpu9b02ga9frgCcoEmgZxddcTX5JXDbpVIYI
[2] Der Zusammenbruch der Zivilisation ist das wahrscheinlichste Ergebnis
[3] Klimaforscher Schellnhuber: „Wir haben nur noch zehn Jahre Zeit“
[4] https://klimaklage.com/finale-stellungnahme-beim-bundesverfassungsgericht-eingereicht/
[5] https://www.sfv.de/artikel/sfv-arbeitspapier_kurz__buendig.htm

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