Gastbeitrag Rainer Doemen
Kommerziell einsetzbare Windkraftanlagen werden nun seit etwa 4 Jahrzehnten gebaut. Ihre Standardgröße hat in sich diesen 4 Dekaden so verändert, dass eine Anlage heute mehr als das hundertfache an Strom der ersten Generation erzeugen kann. Als besonders attraktiv gelten daher Windkraftprojekte, bei denen Altanlagen an bewährten Standorten durch neue ersetzt werden (Repowering).
Erste Projekte dieser Art sind bereits vor 2010 erfolgreich abgeschlossen worden und haben folgende „Faustregel“ bestätigt: Am gleichen Windparkstandort kann man typisch mit einer Halbierung der Anzahl von Windkraftanlagen, die jede die doppelte Leistung erbringen, den dreifachen Stromertrag erzielen.
Die neuen Anlagen laufen dann heute typisch mit größerer Nabenhöhe, einem Vielfachen an Rotorfläche und mehr Vollaststunden. Moderne Anlagen sind zudem meist leiser, besser regelbar und können so zur Netzstabilisierung beitragen. Jede/r Interessierte kann an einem „Tag des Windrades“ unter einer solchen Anlage erleben, wie eine kontinuierliche Anströmung auf Nabenhöhe mit für BesucherInnen kaum spürbarem Luftzug und kaum hörbaren elektrischen Leistungen ausreichend grünen Strom für mehrere 100 Haushalte erzeugt. Dies gilt sogar, obwohl die Windkraftanlage an einem solchen Tag weit unterhalb ihrer Nennleistung läuft. Anders als in früheren Jahren kann die Windkraft heute also große Anteile zur Bewältigung von Grundlasten liefern. Daher erscheint das Repowering der rund 8.000 Altanlagen, die mit etwa bis zu 16 GW Leistung bis 2025 aus der Förderung durch des Erneuerbare Energie Gesetz (EEG) „herausfallen“, besonders geboten.
Beim Repowering muss zunächst neben den technischen und eine Reihe von rechtlichen und administrativen Herausforderungen bewältigt werden. Verstärkungen von Fundamenten, Kabeln, Regel- und Anschlusselektronik erscheinen sofort plausibel. Da die Genehmigungen für Windkraftprojekte immer an die verwendeten Anlagentypen gebunden sind, wird bei deren Ersatz eine neue Genehmigung erforderlich, die zusätzliche Auflagen etwa bei Befeuerung und Betrieb erfordern kann – nachdem die Altanlagen noch unter Bestandsschutz geduldet worden sind. Auch genügen möglicherweise die für den Standort einmal erhobenen Gutachten etwa zum Artenschutz und Vogelflug aktuellen Anforderungen nicht mehr und müssen neu erstellt werden. Schließlich können zwischenzeitlich geänderte Regional- und Flächennutzungspläne andere Vorranggebiete, Mindestabstände und Lärmschutzvorgaben enthalten. Im Ergebnis kann dann herauskommen, dass als Errungenschaften des Vorprojekts gerade noch Wegerechte und die bei Anwohnern meist entspannt positive Grundhaltung gegenüber der Windkraft verbleiben.
Allerdings können auch die Windkraftfreunde auf eine Reihe zusätzlicher erfreulicher Entwicklungen verweisen: Zunächst bedeutet die Reduzierung der Anlagenzahl sowie deren leiserer Lauf auch eine Verringerung optischer und akustischer „Immissionen“. Bessere Steuerungselektronik und Erfahrungen mit Netzbetreibern erleichtern die Integration der Anlagen. Und zusätzlich hat auch die Rechtsprechung mehr Klarheit geschaffen: Manchmal können Repowering-Projekte Ausnahmeregelungen nutzen, die für Neuprojekte nicht greifen würden. Und auch planerische Vorgaben etwa zum sparsamen Flächenverbrauch können sich so auswirken, dass Kommunen das Repowering an etablierten Standorten bei verminderten Imissionen der Neuerrichtung von Windparks an anderen Orten vorziehen. Und schließlich hat man auch gelernt, die betroffenen Kommunen durch Gewerbesteuerbeiträge und deren Einwohner direkt durch Repowering im Rahmen von Bürgerwindparks an den Erträgen zu beteiligen. Denn höchstmögliche Akzeptanz von Windkraftanlagen ist der beste Nährboden für eine reibungsarme Verwirklichung von Vorhaben.
An Standorten, wo keine Repowering-Option existiert – etwa, wegen neuer restriktiver pauschaler Abstandsregeln – bleibt der Weiterbetrieb von Windkraftanlagen über die 20 Jahre mit EEG-Förderung hinaus die einzige Möglichkeit zur weiteren Nutzung der Fläche und dort bestehenden Infrastruktur für die Windenergie. Dies ist energiewirtschaftlich aber auch wegen des Klimaschutzes zwingend geboten, um einen „negativen Zubau“ zu vermeiden. Technisch ist dies häufig bis zu 10 Jahre lang möglich; vertraglich Vereinbartes ist zu beachten und ggfs. anzupassen.
Da insbesondere kleinere Windkraftanlagen Betriebskosten aufweisen, die über den aktuell am Markt erzielbaren Einspeisevergütungen liegen, wird etwa vom Bundesverband Windenergie (BWE) vorgeschlagen, deren Betreibern eine Zusatzvergütung bis zu einem festen Sockelbetrag zu zahlen, wann immer die Marktpreise bei kurzfristigen Verknappungen oder langfristig durch CO2-Bepreisung diesen Sockel nicht erreichen. Diese einfache Regelung müsste nur so lange gelten, bis die „grüne Eigenschaft“ des Windstroms etwa auf Basis von Echtzeitdaten oder durch Einsatz anderer informationstechnischer Mittel dem Verbraucher nachgewiesen werden kann. Denn die Zustimmung zu erneuerbaren Energien und damit Bereitschaft, nachweislich „grünen“ Strom auch mit einem Preisaufschlag zu beziehen, gilt weithin als unumstritten und sollte aus Klimaschutzgründen berücksichtigt werden.
Rainer Doemen
Links zum Artikel und allgemeiner Art
https://www.prokon.net/windparks-entwicklung-betrieb/produktionszahlen-der-prokon-windparks
Rainer Dömen ist Diplom-Finanzwirt und Fachautor für (Steuer)Recht und PV
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Repowering: Die „Faustregel“: Am gleichen Standort werden mit der Hälfte der Anlagen, doppelte Leistung und dreifachen Stromertrag erzielt. https://energiewende.eu/repowering-ansaetze-erfahrungen-und-aktuelles/
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