
Gastautor Michael Jungbluth
Ökosysteme, wie Korallenriffe, die Antarktis oder der Amazonas-Regenwald sind durch unseren enormen Ressourcenverbrauch in Gefahr und so weit weg von uns, sodass die Bedrohung uns erst bewusst wird sobald die Medien darüber berichten. Ich möchte hier auf ein Ökosystem näher eingehen, das wir alle kennen: Unseren Boden.
Höchste Zeit, dass wir über den Boden reden.
Dass es kein unendliches Wachstum geben kann und dass wir mit den Ressourcen von Mutter Erde nicht weiterhin so verschwenderisch umgehen können, wissen wir bereits schon seit Jahrzehnten. Es ist eine unangenehme Wahrheit. Dieses Video ist so unbekannt wie uns das Problem unbewusst ist.
https://www.youtube.com/watch?v=S5ZVpQS0D9M
Angemessener Flächenverbrauch für erneuerbare Energie
Den Flächenverbrauch für Solar- und Windparks kann man für durchaus angemessen halten. Es wird wohl immer Menschen geben, die diese Anlagen nicht schön finden und deren Bedeutung anzweifeln. Die gab es aber schon immer. „Sonne, Wasser oder Wind können auch langfristig nicht mehr als 4% unseres Strombedarfs decken.“ meinten die Kritiker in den frühen 90ern.
Quelle: Ab Seite 8 https://www.sfv.de/solarbr/pdf/Solarbrief_497.pdf
Die gleichen Vorurteile wie heute hörte man in den frühen 90ern. Schon damals war die gesetzliche Deckelung von 5% ein beliebtes Werkzeug, um eine Wende zu blockieren und die damalige Kohlekommission nahm einen klaren Standpunkt ein. Das im Jahre 2000 eingeführte EEG leitete in Deutschland die Energiewende ein. Der Anteil der erneuerbaren Energien betrug im Jahr 2018 am Bruttostromverbrauch 37,8%, am Wärmeverbrauch 14,2% und im Verkehr 5,7%.
Quelle Umweltbundesamt: https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/erneuerbare-energien/erneuerbare-energien-in-zahlen#statusquo
Endlos Energie
In der aktuellen Debatte um erneuerbare Energien spaltet vor allem ein Thema ganz besonders die Gesellschaft: Die Windenergie.
Unter allen Argumenten der Windenergie-Gegner hebt sich ganz besonders die „Verspargelung unserer Landschaft“ hervor. Deren Meinung ist vor allem, dass man keine Windanlagen im Wald oder Wasserschutzgebieten errichten sollte. Es wird suggeriert, dass unsere Wälder und Wiesen „industrialisiert“ werden. Aber ist das wirklich so? In einem langen Beitrag habe ich bereits alle Fragen zur Windenergie und Energiewende beantwortet:
https://energiewende.eu/windkraftmythen-das-sollte-man-wissen/
In Deutschland stehen mittlerweile etwa 28.000 Windanlagen an Land. Der Ausbau ist in den letzten beiden Jahren massiv ins stocken geraten. Auch in meiner Heimat werden Stimmen gegen drei geplante Windräder laut. Der Bürgermeister der Gemeinde ist für das Projekt und bezieht die Bürger frühzeitig mit ein, weil er die Vorteile für seine Gemeinde klar erkannt hat.
https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/kaiserslautern/Mehlbach-Rund-250-Menschen-bei-Infoabend-zu-Windpark,meldung-23750.html
Photovoltaik und Windanlagen amortisieren sich ökologisch in weniger als 12 Monaten und erzeugen für uns endlose Energie für mehr als 20 Jahre. Danach können sie recycelt werden, also es entsteht eine Kreislaufwirtschaft. Das gleiche gilt für Energiespeicher. Welchen Einfluss die Förderung von fossilen Brennstoffen auf unsere Umwelt hat, braucht hier wohl nicht erwähnt zu werden.
Verhältnismäßigkeit des Flächenverbrauchs in Deutschland
2,8 Hektar Fläche werden laut BUND nach dem BVWP 2030 pro Tag allein für den Verkehr versiegelt. Die gleiche Fläche würden 2 Windräder vom Typ VESTAS V150-5,6 MW mit einer Nennleistung von 5,6 MWp beanspruchen. Das entspricht 730 Windanlagen pro Jahr mit einer Summe von 4088 MW. Damit wäre das Ausbauziel von 7 GW pro Jahr schon zu 58% erreicht.
Der aktuelle Flächenverbrauch in Bayern beträgt in der Summe 11,7 Hektar pro Tag (Stand 2017).
Flächenverbrauch eines Windparks, Beispiel des Windpark Reinhardswald:
https://www.wp-reinhardswald.de/genehmigung/
Quelle Stellungnahme BUND Bundesverband zum Bundesverkehrswegeplan 2030 mit unmittelbarem Bezug zu Einzelprojekten:
https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/mobilitaet/mobilitaet_stellungnahme_bundesverkehrswegeplan_2030.pdf
Deutschlands Umweltverbände positionieren sich entschieden für die Windenergie
Bundespressekonferenz mit den Umweltverbänden DNR, WWF, Greenpeace, BUND und NABU zur geplanten Windenergie Abstandsregel und Kohleaussiegsgesetz: https://www.youtube.com/watch?v=wJNkE_hAj1A&fbclid=IwAR1jDhALjM3vsHqr5xm3Yuya4LB3l2lZiAQmeKguoa6huT8-eLxJKMK4ojI
Flächenverbrauch in Deutschland laut Bundesumweltministerium
„Täglich werden in Deutschland rund 58 Hektar als Siedlungsflächen und Verkehrsflächen neu ausgewiesen. Dies entspricht einer Flächenneuinanspruchnahme – kurz Flächenverbrauch – von circa 82 Fußballfeldern. Zwar lässt sich „Fläche“ im engeren Wortsinn nicht „verbrauchen“. Fläche ist jedoch – wie auch der Boden – eine endliche Ressource, mit der der Mensch sparsam umgehen muss, um sich seine Lebensgrundlagen zu erhalten. Flächenverbrauch ist ein schleichendes Phänomen. Bürger und selbst politische Entscheidungsträger nehmen es kaum wahr. Daher mangelt es weithin am nötigen Problembewusstsein.
Bis zum Jahr 2030 will die Bundesregierung den Flächenverbrauch auf unter 30 Hektar pro Tag verringern. Diese gegenüber der Nachhaltigkeitsstrategie von 2002 verschärfte Festlegung wurde vom Bundeskabinett im Januar 2017 in der „Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie – Neuauflage 2016“ festgelegt. Im Klimaschutzplan vom November 2016, der die Leitplanken für ein grundsätzliches Umsteuern in Wirtschaft und Gesellschaft auf dem Weg zu einem treibhausgasneutralen Deutschland beschreibt, strebt die Bundesregierung bis 2050 sogar das Flächenverbrauchsziel Netto-Null (Flächenkreislaufwirtschaft) an, womit sie eine Zielsetzung der Europäischen Kommission aufgegriffen hat.“
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Folgen des Flächenverbrauchs:
– Vernichtung der Böden
– Zerschnittene Landschaftsräume
– Zersiedelung
– Verlust von Biodiversität, Trinkwasserschutz und Hochwasserschutz
– Mehraufwand für den Erhalt der technischen Infrastruktur
Warum ist Flächensparen so wichtig?
Das veranschaulicht ein Video der Landesregierung Baden-Wüttemberg.
https://www.youtube.com/watch?v=7WExexkHRKo
Die EU-Politik hat bereits etwas aus den Fehlern der jüngsten Vergangenheit gelernt
Die Produktion von Bio-Kraftstoffen führte in der Landwirtschaft zu argen Problemen.
https://www.youtube.com/watch?v=rzVIssYb06Y
Wie werden wir also in Zukunft den Boden nutzen?
Für mehr Straßen, Gewerbegebiete oder Siedlungen? In den Landesregierungen ist bereits eine Debatte über die Flächennutzungspläne entbrannt. Wieviel des Ökosystems können wir noch zerstören für den Anbau von Protein- und Energiepflanzen? Spätestens seit diesem Jahr sollte uns allen bewusst sein, wie ernst die Lage um den Amazonas-Regenwald ist und wofür er gerodet wird. Brauchen wir auch in Deutschland dringend eine nachhaltigere Landwirtschaft? Bodenerosion ist doch hierzulande kein Problem, oder etwa doch? Monokultur hinterlässt bleibende Schäden:
https://www.youtube.com/watch?v=FzszOWLpfRY&fbclid=IwAR25Q-bHG1WAZzlOLulTlWXDAuNSu_1jE9-Mq4oIza8r9GJhmglsz3DJMuE
Umweltverbände und Bürgerinitiativen wehren sich gegen den Ausbau von Straßen
Der BUND klagte zuletzt gegen die Erweiterung der Bundesautobahn A49. Zitat: „Der Schutz von Trinkwasser und Oberflächenwasser und der Bau und Betrieb einer Autobahn auf der gleichen Fläche – das passt nicht zusammen.“
Quelle: https://vogelsberg.bund.net/fileadmin/vogelsberg/PM_A49_Wasser_OZ–06.11..pdf
Und auch die Bürger hinterfragen angesichts des Klimaschutzes und Verkehrswende die Anbindung der A49 zur A5. Für den Ausbau der A49 sollen 85 Hektar Wald gerodet werden. Zitat: „Die Bürger- und Umweltinitiative Schutzgemeinschaft Gleental e.V. setzt sich seit über 40 Jahren für den Erhalt der Forst- und Wiesenflächen im Gleental, Dannenröder Forst und Herrenwald ein. Dieser einzigartige Naturraum wird durch die derzeitige Planung der A 49 im VKE 40 unwiderbringlich zerstört.“
Quelle Bürgerinitiative: https://schutzgemeinschaft-gleental.de
Quelle Hessen Mobil – Straßen- und Verkehrsmanagement: https://mobil.hessen.de/bau/großprojekte/49-neuental-gemündenfelda/planungsabschnitte
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Aktivisten gegen Waldrodung
Zitat: „Jetzt noch zu sagen, dass wir Autobahnen bauen müssen, ist völliger Unsinn.“ Dem würden sicher auch viele Klimaaktivisten zustimmen. Meiner Ansicht nach denken diese Menschen mit Weitsicht, auch wenn es vielen zu radikal erscheint. Man muss diesen Aktivismus nicht gut heißen, aber selbst dann muss man eines zugeben: Man kann den Waldbesetzern kaum Selbstinszenierung vorwerfen, denn sie handeln aus tiefster Überzeugung. Ganz im Gegensatz zu den Bürgerinitiativen gegen die Windkraft.
https://www.youtube.com/watch?v=p241NfEpm5g
Bürgerinitiative gegen neue Siedlungsflächen
Der Protest gegen das ewige Wachstum ist kein Hype sondern ein Trend, der sich fortsetzen wird. Der aktuelle Flächenverbrauch in Bayern beträgt 11,7 Hektar pro Tag (Stand 2017). Die Bedeutung der Naturböden rückt immer stärker in das Bewusstsein der Bürger, wie auch im Landkreis Lindau in Bayern, wo gegen ein 6,4 Hektar großes Gewerbegebiet Klage eingereicht wurde.
Quelle Pressemeldung: https://www.sueddeutsche.de/bayern/argental-allgaeu-naturschutz-gewerbegebiet-au-1.4657587
Quelle Bayrisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz:
https://www.stmuv.bayern.de/themen/boden/flaechensparen/daten.htm
Entwicklung der Siedlungs- und Verkehrsfläche insgesamt in Deutschland
Laut Umweltbundesamt hat sich die Siedlungs- und Verkehrsfläche insgesamt in Deutschland von 4.030.500 Hektar im Jahr 1992 auf 4.981.900 Hektar im Jahr 2018 vergrößert. Dies entspricht einem Zuwachs von 24%.
Quelle Umweltbundesamt: https://www.umweltbundesamt.de/daten/flaeche-boden-land-oekosysteme/flaeche/siedlungs-verkehrsflaeche#textpart-1
Man findet zwar keine genauen Angaben zur Flächenversiegelung zum Beispiel für Windanlagen aber ich möchte hier gerne einfach mal aufzeigen, wie effizient die Flächen für Windräder genutzt werden. Gehen wir von derzeit 28.000 Windanlagen aus und einem Flächenverbrauch (nicht Versiegelung) von 1,4 Hektar pro Anlage, sind das 39.200 Hektar. An der Gesamtfläche von Deutschland ist das ein Anteil von 0,11%. Übrigens: Für gerodete Wälder müssen Ausgleichsflächen geschaffen werden. Selbstverständlich nehmen Solarparks auf Freiflächen weitaus mehr Platz ein. Beim Zubau der Photovoltaik-Energie muss man Dach-PV-Anlagen und das Potenzial von Agrophotovoltaik berücksichtigen.
Quelle Agrophotovoltaik: https://www.ise.fraunhofer.de/de/leitthemen/integrierte-photovoltaik/agrophotovoltaik-apv.html
Flächennutzung Deutschland 2017 laut Dedatis (Deutsches Statistikamt):
https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Landwirtschaft-Forstwirtschaft-Fischerei/Flaechennutzung/Publikationen/Downloads-Flaechennutzung/bodenflaechennutzung-2030510177004.pdf?__blob=publicationFile&v=5#page=412
Achtung, Sarkasmus!
Um dem noch das i-Tüpfelchen aufzusetzen, möchte ich noch zum Nachdenken anregen:
Vergleichen Sie doch bitte mal grob die CO2-Bilanz von einem Hektar Flächenbedarf für Windanlagen mit einem Hektar Flächenbedarf für Straßen oder Siedlungen. Tipp: Suchen Sie im Internet nach dem Begriff „Graue Energie“.
Photo by Lukasz Szmigie on Unsplash
Autor: Michael Jungbluth
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