Behauptungen zur Windkraft – Abrieb und Chemikalien

Staub

Behauptung

Die Flügelspitzen von Windkraftanlagen drehen sich so schnell, dass sie erodieren und dadurch giftige und krebserregende Stoffe (Mikroplastik, Verbundfasern, Epoxidharz, PFAS, Bisphenol-A) in die Umwelt gelangen

Diskussion

Abrieb / Mikroplastik

Bei Regen und Wind wirkt bei den hohen Rotorgeschwindigkeiten (300 km/h) auch schon der Regentropfen wie Schmirgelpapier und lässt kleine Partikel von den Rotorflügeln abtragen. Diese Erosion ist insbesondere für die Betreiber ein Problem, da sie auf Dauer die Effizienz der Anlagen beeinträchtigt. Daher müssen die Flügel zum einen regelmäßig gewartet werden, zum anderen werden die Beschichtungsmaterialien aus Folien und Lacken in verschiedenen Forschungsprojekten immer weiter optimiert.

Der Umfang des Abtrags ist auf aufgrund der verschiedenen Beschichtungen sehr unterschiedlich und kann nur grob geschätzt werden. In Modellrechnungen wurde ein Worst-Case Szenario genutzt, das sich einfach rechnen lässt. Bei diesem erfolgt ein maximaler Abtrag auf einer Fläche von ca. 10m2 pro Rotorblatt. Daraus lässt sich als obere Grenze ein Materialabtrag von maximal 1.395 t/a für alle rund 31.000 Windkraftanlagen in Deutschland abschätzen. Zum Vergleich dazu beträgt der jährliche Abrieb von Reifen 102.090 t/a und von Schuhsohlen 9.047 t/a. (1, 2)

Vergleich der Abriebsmengen von Mikroplastik verschiedener Herkunft
Vergleich der Abriebsmengen von Mikroplastik verschiedener Herkunft

Auch ist wichtig zu bemerken, dass das Material von Windkraftanlagen im Gegensatz zu vielen anderen Quellen von Mikroplastik nicht auf Atemhöhe stattfindet, sondern insbesondere bei starkem Wind in großer Höhe, wodurch das Material weit verteilt wird und somit die Konzentration sinkt.

Faserverbundstoff

Flügel von Windkraftanlagen bestehen zu einem großen Teil aus Faserverbundstoffen, d.h. in Epoxidharz getränkte Glas- oder Carbonfasern (GFK bzw. CFK). Zum Schutz gegen die Erosion sind die vorderen Flügelkanten allerdings mit Folien und Lacken beschichtet. Beim Betrieb der Anlage entstehen daher keine großen Menge Stäube aus diesen Faserverbundstoffen, sondern vor allem beim Zersägen oder beim Verbrennen, d.h. beim Recycling oder bei Unfällen. Beim Verbrennen wiederum verteilen und verdünnen sich Carbonfasern so sehr, dass es nicht möglich ist, die Konzentrationen in der Umgebung einer Brandstelle abzuschätzen, während Glasfasern zu ungefährlichen Kügelchen schmelzen.

Aber im Gegensatz zu Asbest, einer mineralischen Faser, die aufgrund ihrer molekularen Struktur dazu neigt, bei mechanischer Einwirkung ihre Länge nach zu teilen und dadurch erst lungengängig und gefährlich wird, handelt es sich bei den Verbundwerkstoffen von Rotorblättern oder Flugzeugen aus GFK um Glas (amorphe Silizium-Strukturen), welches nicht lungengängig ist und auch in jeder handelsüblichen Glasscheibe vorkommt. Selbst wenn sie zerfräst werden, ergibt sich neben dem normalen Staub keine besondere Gefahr.

Auch beim Zerfräsen von Carbonfasern (CFK) entsteht nur ein sehr kleiner Anteil von lungengängigen Bruchstücken, die allermeisten sind zu groß um in die Lunge einzudringen, und selbst die eingedrungenen Bruchstücke weisen keine bis eine geringe toxikologische Wirkung auf, sofern nicht dauerhafte und wiederholte Exposition besteht (z.B. für Rettungspersonal und verarbeitende Berufe). (1)(2)(3)(4)

Epoxidharz / Bisphenol-A

Die angebliche Gefährlichkeit des Abriebs von Windkraftflügeln wird außerdem damit begründet, dass sie aus Expoxidharz bestehen, welches als toxisch eingestuft wird. Die als toxisch charakterisierten Stoffe (z.B. Bisphenol-A) sind aber genau die reaktiven Materialien, die dann den Aushärtungsprozess zu einem harten Feststoff ohne Wasserlöslichkeit herbeiführen und dann im fertigen Produkt nach der chemischen Reaktion und Aushärtung als Einzelmoleküle nicht mehr relevant vorhanden sind. Die Giftigkeit bezieht sich also auf den noch flüssigen Werkstoff vor dem Aushärtungsprozess. Dieselben Harze werden auch häufig für kreative Projekte eingesetzt (1)(2)(3)

Prinzipiell können kleine Mengen Bisphenol-A, die sich nicht vollständig mit den übrigen Bestandteilen des Kunststoffs verbunden haben, wieder herauslösen. Allerdings geschieht die Hauptaufnahme von Bisphenol-A über die Nahrung aus Flaschen, Gefäßen und Konservendosen, nicht über Stäube aus Windkraftanlagen. Bisphenol-A ist biologisch abbaubar und wird deshalb als freies Molekül aus fein verteilten Stäuben nur sehr schwer den Weg in die Nahrungskette über die Felder finden, eben weil es zuvor biologisch abgebaut wird. (1)(2)

PFAS

Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) sind eine große Stoffgruppe mit 10.000 Substanzen, die biologisch kaum bis gar nicht abbaubar sind („Ewigkeitschemikalien“). Sie sind insgesamt auch wegen ihrer Vielfalt in ihren Umweltwirkungen und Transportmechanismen bisher nur begrenzt erforscht und kommen in einer nur schlecht erfassten Menge auch in Windkraftanlagen vor. Dort sind sie in Kunststoffe eingebaut. In dieser Form lassen sie sich kaum aus den Partikeln herauslösen. Die meisten in der Umwelt vorkommenden PFAS sind nicht Teil von festen Kunststoffen (Fluorpolymeren), sondern sind z.B. teilweise gut wasserlösliche Hauptbestandteile von Feuerlöschschäumen oder Pflanzenschutzmittel. Deshalb findet man diese Substanzen dann auch in Gewässern oder im Grundwasser. In dieser flüssigen Form allerdings sind sie keinesfalls harmlos. Ein Verbot oder eine Einschränkung der Nutzung von bestimmten PFAS wird umweltpolitisch stark diskutiert und Hersteller arbeiten mit harter Lobbyarbeit gegen weitreichende Einschränkungen. Es gibt keine Hinweise, dass sich der Windkraftbereich als Hauptverbreitungsquelle in Frage kommt, auch wenn die Stoffe in verbauten Materialien eingesetzt werden, dort aber gerade wegen ihrer besonderen Eigenschaften zur Haltbarkeit und Stabilisierung gegen Partikelerosion beitragen. Besonders fraglich ist, ob PFAS, die in den Lacken fest gebunden sind, im Mikroplastik bioverfügbar vorliegen. Dafür gibt es eine ganze Reihe anderer Quellen der Stoffe aus dem Bereich PFAS, an denen eine Beschränkung schnell und ohne relevante Funktionsverluste möglich sein dürfte (Hamburgerverpackungen, Toilettenpapier, Kosmetik, Imprägnierungen). (1)(2)(3)(4)

Fazit

Abrieb von Windkraftflügeln ist vor allem ein Problem für die Betreiber, nicht für die Umwelt oder gar die Bevölkerung, da die Mengen gegenüber all den anderen Quellen von Mikroplastik vernachlässigbar gering sind und außerdem nicht giftiger sind. Problematische Stoffe werden beim Betrieb nicht freigesetzt, da sie durch Lacke und Folien geschützt sind und außerdem fest im Plastik gebunden sind.

image_print