Behauptungen zur Windkraft – Mangelnde Bürgerbeteiligung

Springende Menschen vor Sonnenuntergang

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Behauptung

Pläne zur Änderung des Flächennutzungsplans oder zur Errichtung eines Windparks werden „ausgelegt“, von niemandem bemerkt und beschlossen, bevor die Bürger Gelegenheit hatten, dazu Stellung zu nehmen oder sich zu informieren. Der Bürger hat bzgl. der Information eine Holschuld, anstatt dass der Betreiber eine Bringschuld hat, z.B. durch rechtzeitige Informationsveranstaltungen.

Die Bürger werden an den Gewinnen nicht beteiligt, weder durch günstigeren Strom noch durch andere Beteiligungsmöglichkeiten, das Geld fließt alleine in die Taschen der Betreiber und Landbesitzer, vielleicht noch durch Gewerbesteuern in die Gemeinden, aber die Bürger bekommen nichts, obwohl sie mit den Anlagen leben müssen.

Diskussion

Die Windenergiebranche ist sich sehr bewusst, dass eine frühzeitige und umfassende Einbeziehung der Bürger in den Planungsprozess die Akzeptanz von Windkraftprojekten bei der Bevölkerung massiv steigert, daher hat sich die europäische Windenergiebranche eine frühzeitige Einbeziehung der Bürger zum Ziel gesetzt. Es gibt hierzu umfassende Untersuchungen und Empfehlungen sowohl auf deutscher als auch auf europäischer Ebene. (1) (2) Es wird empfohlen bereits vor Stellung des Bauantrags über den formellen Beteiligungsprozess hinauszugehen, und neben der klassischen Kommunikationsarbeit über lokale Medien, Broschüren, Flyer, Plakate, Infoblätter, Infotafel auch aktiv den direkten Kontakt mit den Anwohnern und anderen relevanten Akteuren vor Ort zu suchen und Formate für Dialoge und direkte Mitarbeit der Bürger anzubieten.

Verfahren Bürgerbeteiligung
Abbildung 1: Vorgeschriebene Bürgerbeteiligung im Genehmigungsverfahren nach dem BImSchG78 (blau) und weitergehende informelle Beteiligung (roter Text) (1)

Sicherlich besteht eine gewisse Varianz in der Umsetzung dieser Maßnahmen zwischen einzelnen Projekten. Die Thüringer Energie und GreenTech Agentur hat daher ein Siegel für faire Windenergie eingeführt, das die Transparenz für Windenergieprojekte erhöhen soll. Nur Projekte, die sich an die Vorgaben zur Bürgerbeteiligung halten, werden mit dem Siegel ausgezeichnet, so entstehen Sichtbarkeit und mehr Fairness. (3) Eine ähnliche Siegellösung ist in Schleswig-Holstein schon gelebte Praxis. (4)

Auch der Bundesverband Windenergie hat eine solche Siegellösung auf Bundesebene in seinen Forderungskatalog zur Bürgerbeteiligung aufgenommen. Obwohl sie in vielen Fällen Mehraufwand und auch Mehrausgaben für die Windmüller bedeuten würden, hat sich der BWE als Vertretungsgremium der gesamten Onshore-Windbranche klar hinter den Aktionsplan Teilhabe gestellt, um Standards für die gesamte Branche zu entwickeln, damit die Bürgerbeteiligung nicht umgangen werden kann. (5)

Es ist wichtig hervorzuheben, dass diese nicht die Windbranche per Gesetz zur erweiterten Bürgerbeteiligung gezwungen wird, sondern umgekehrt die Gesetzesvorschläge aus der Branche heraus entwickelt wurden und die Bundesregierung aufgefordert wird, diese Maßnahmen umzusetzen, was aber bisher von der Regierung nicht aufgegriffen wurde.

Teil der Forderungen ist auch eine finanzielle Beteiligung: „Insgesamt sollen ein bis zwei Prozent des jährlichen Umsatzes eines Windenergieprojekts für Maßnahmen zur Stärkung der regionalen Wertschöpfung und damit der regional-wirtschaftlichen Effekte seiner Windenergieanlage im Gebiet der Standortgemeinde und den angrenzenden Gemeinden verwendet werden“ (5) Seit der EEG-Novelle 2021 dürfen Betreiber von Windenergieanlagen künftig bis zu 0,2 Cent je erzeugter Kilowattstunde Windstrom an die Kommunen vor Ort weiterreichen und sich vom Netzbetreiber erstatten lassen. (6)

Fazit

Die gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligungsverfahren werden auch von der Windenergiebranche als nicht ausreichend angesehen. Auf freiwilliger Basis kommen bereits weitergehende Verfahren zur Anwendung, diese sollten aber gesetzlich vorgeschrieben werden, um die Akzeptanz von Windenergieprojekten bei der lokalen Bevölkerung zu erhöhen.

Quellen

  1. BWE. Gemeinsam gewinnen ‒ Windenergie vor Ort. Berlin : Bundesverband WindEnergie e. V. , 5.2018. https://www.wind-energie.de/fileadmin/redaktion/dokumente/publikationen-oeffentlich/themen/01-mensch-und-umwelt/01-windkraft-vor-ort/20180614_gemeinsam_gewinnen_windenergie_vor_ort_web.pdf.
  2. Wind Europe. Wind industry commitments on community engagement. [Online] : Wind Europe, 6.2020. https://windeurope.org/wp-content/uploads/files/policy/position-papers/20200702-WindEurope-position-paper-wind-industry-commitments-on-community-engagement.pdf.
  3. ThEGA. Faire Windenergie in Thüringen – Service für Unternehmen. [Online] : Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur, 2020. https://www.thega.de/themen/erneuerbare-energien/servicestelle-windenergie/service-fuer-unternehmen/.
  4. SCS Hohmeyer | Partner GmbH. Faire Windparkplaner Schleswig-Holstein. Flensburg : SCS Hohmeyer | Partner GmbH, 2020. https://fairewindenergie-sh.de/.
  5. BWE. Aktionsplan für mehr Teilhabe und regionale Wertschöpfung. Berlin : Bundesverband Windenergie, 2.2020. https://www.wind-energie.de/fileadmin/redaktion/dokumente/publikationen-oeffentlich/themen/04-politische-arbeit/01-gesetzgebung/20202502_Aktionsplan_Teilhabe_Final.pdf.
  6. Naturwind. eeg 2021: kommunen werden finanziell an der windenergie beteiligt. [Online] : naturwind.de, 6.1.2021. https://www.naturwind.de/eeg-2021-kommunen-werden-finanziell-an-der-windenergie-beteiligt

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