Wie die Wärmewende gelingt

Warum Wärmewende?

Schon immer war das Heizen mit Wärmepumpe billiger als mit Öl oder Gas, aber 2024 hat es sogar Holzpellets als günstigste Variante abgelöst.

Entwicklung der Heizkosten für eine 70 qm Wohnung im Mehrfamilienhaus in Euro
Screenshot von heizspiegel.de

Und diese Entwicklung setzt sich fort – schon alleine durch die CO2-Bepreisung, die ab 2027 in das europäisches Emissionshandelssystem (ETS-2) übergeht. Die Prognosen schwanken zwischen 125 € und 275 € pro Tonne – für einen Verbrauch von 2.000 Litern Öl pro Jahr bedeutet das 2.030 Mehrkosten zwischen 430 € und 1.233 € (bei Gas wegen des etwas geringeren CO2-Ausstoßes zwischen 322 € und 925 €). Zählt man die Mehrkosten bis 2040 (also der nächsten 15 Jahre) zusammen, wird man 7.500 € bis 19.000 € nur für CO2 ausgegeben haben.

Kostenentwicklung Heizöl durch CO2-Bepreisung bei konstanten 88ct/Liter Beschaffungspreis
Visualisierung der Prognosen der CO2-Bepreisung

Es gibt also handfeste wirtschaftliche Gründe, auf klimafreundliche Heizungen umzusteigen. Hinzu kommt, dass ab 2045 der Einbau neuer fossiler Heizungen grundsätzlich verboten sein wird. Und da uns der galoppierende Klimawandel keine Zeit lässt, muss die Transformation bis 2035 überwiegend beendet sein. Aber ist das überhaupt zu schaffen?

Von wie vielen Heizungen reden wir?

15,7 Millionen Öl- und Gasheizungen gab es 2022 in Deutschland. Nimmt man die 500.000 Wärmepumpen pro Jahr, die Wirtschaftsminister Habeck anvisiert hatte, brauchen wir 31 Jahre, um alle Heizungen zu ersetzen. Oder umgekehrt gerechnet, wenn wir bis 2035 zwei Drittel der Heizungen ersetzt haben wollen, müssen wir eine Million fossile Heizungen jedes Jahr ersetzen, also doppelt so viele wie Habeck geplant hat. Eine Mammutaufgabe.

Der ZDF-Beitrag „Frontal“ vom 15.10.2024 beziffert die im ersten Halbjahr verkauften neuen Wärmepumpen auf 90.000 Anlagen. Erschreckend ist im Beitrag aber die Anzahl der verkauften Öl/Gasheizungen. 278.000 verkaufte fossile Heizungen bedeutet eine Vollbremsung in der Wärmewende.

Heizungen Nach Energieträger
nach Zensus 2022

Gebäudebestand

Ungefähr 2/3 der 20 Millionen Gebäuden sind vor 1980 errichtet worden, also zumeist vor der ersten Wärmeschutzverordnung, die 1977 in Kraft trat. Es ist davon auszugehen, dass es hier erheblichen Sanierungsbedarf gibt. Heizungen in diesen Gebäuden sind meist älter als 20 Jahre und drohen in naher Zukunft auszufallen.

Gebäudealter nach Zensus 2022
Gebäudealter nach Zensus 2022

Die überwiegende Mehrheit der Gebäude sind Ein- oder Zweifamilienhäuser – die üblicherweise eine Zentralheizung haben.

Gebäude nach Anzahl Wohneinheiten
Gebäude nach Anzahl Wohneinheiten (nach Zensus 2022)
Heizungen nach Bauart
nach Zensus 2022

Und die allermeisten der Gebäude sind im Besitz von Privatpersonen.

Eigentümer Gebäude
nach Zensus 2022

Wir können festhalten: Die allermeisten fossilen Heizungen befinden sich in mehr oder weniger sanierungsbedürftigen Ein- oder Zweifamilienhäusern in Privatbesitz. Dies ist die große Gruppe von Menschen, die die Wärmewende vollziehen müssen.

Verzögerungen

Aufgrund des politischen Chaos der letzten Jahre, maßgeblich hervorgerufen durch den Energiewendegegner Frank Schäffler und seine FDP sowie Hetzkampagnen der Springer-Presse (Stichwort „Heizungshammer„), warten aktuell viele dieser Menschen ab. Außerdem sorgt die Fernwärme- und Wärmeleitplanung für Verunsicherung. Selbst in Gebäuden in Hanglagen werden keine Heizungen ersetzt, obwohl dort niemals ein Fernwärmeanschluss installiert werden wird. Überhaupt ist die Fernwärme als zentraler Baustein der Wärmewende stark überbewertet – nur ca. 14% der Haushalte werden mit Fernwärme versorgt, und diese stammt noch dazu nur zu 20% aus erneuerbaren Energien.Der aktuelle Ausbaustand der deutschen Fernwärme liegt bei 6,6 %.

Das Hauptaugenmerk der Bunderegierung liegt daher darauf, die bestehenden Wärmenetze klimaneutral zu machen: zu 30 % bis 2030, zu 80 % bis 2040 und zu 100 % bis 2045. Die Anteile an Haushalten zu erhöhen, die Fernwärme beziehen können, wird demgegenüber extrem schwierig und langwierig. Hamburg und Berlin bauen schon seit vielen Jahren am Wärmenetz, erreicht wurden bisher 35 % in Hamburg und 43 % in Berlin. Für Newcomer wie Frankfurt mit 10 % dürfte es noch eine Weile dauern, diesen Anteil signifikant zu erhöhen; in ländlichen Gegenden lohnt sich der Ausbau eines Fernwärmenetzes meistens nicht, da die Kosten für die Leitungen und die Wärmeverluste zu hoch sind. Das Warten auf eine Wärmeleitplanung ist also in den allermeisten Fällen kontraproduktiv.

Darüber hinaus sind Wärmepumpen in Deutschland zu teuer, im europäischen Ausland sind sie nach Förderung 10.000 – 15.000 Euro günstiger und können dort preislich mit Gas- und Ölheizungen konkurrieren.

Die vielen Mythen um die Wärmepumpe (man braucht Fußbodenheizung, im Altbau funktioniert es nicht, …) werden allmählich aufgeklärt. Aber anders als beispielsweise in Schweden, ist die Umstellung vom Heizen mit Verbrennerheizung auf Wärmepumpen gewöhnungsbedürftig. Die Technik ist bei uns kaum bekannt. In Deutschland liegt der Anteil von Wärmepumpe und Solarwärme bei 4,25 %.

Ein Energiesystemberater bespricht aber schon in der Erstinformation, ob die Kombination z.B. mit Photovoltaik wirtschaftlicher ist, oder ob zuerst (nicht stattdessen!) das Gebäude saniert wird – oder gleich eine klimaneutrale Heizung eingebaut werden kann. JEDES Gebäude ist ein Unikat!

Neue Energieberatungsstrukturen, die eine Erstberatung anbieten und so die Berührungsängste abbauen, entstehen erst langsam. Der ZDF-Beitrag „Frontal“ vom 15.10.2024 zeigt ungeschminkt die aktuelle traurige Realität auf. Nach dem Gebäude-Energie-Gesetz (GEG) besteht zwar eine vorgeschaltete Energieberatungspflicht, wenn eine fossile Heizung eingebaut werden soll. Aber wenn dies ein Unternehmen der Gas- oder Ölheizunginstallation durchführt, entsteht keine Wärmepumpe oder noch besser eine kombinierte erneuerbare Anlage mit Photovoltaik, nicht fossiler Heizung und Schnittstelle zur E-Mobilität. Durch die dreifach eingesparten Energiekosten würde sich in dieser Sektor gekoppelten Anlage über Kredit oder Contracting eine vernünftige Anlage finanzieren.

Was ebenfalls im Beitrag klar dargestellt wurde, ist die erschreckende fehlende Qualifikation von privaten, gewerblichen und kommunalen Energieberatungsunternehmen. Aus Unwissenheit über Alternativen zu Öl- und Gasheizungen, oder schlicht Profitinteresse, sind Empfehlungen zu Öl- oder Gasheizungen oder Dämmungsmaßnahmen, der Sargnagel für die Wärmewende.

Deshalb muss umgehende eine neue Energieberatungsvorgabe mit einer „Erst-Informationsberatung“ umgesetzt werden

 

Pyramide neuer Energieberatungsangebote
Die neuen Energieberatungsstrukturen berücksichtigen den vielfachen Wunsch nach einer Erstansprache, um vom Gas wegzukommen und zu erfahren, was es an Erneuerbaren Energie-Techniken gibt

Was also tun?

Erstberatungen

Erstberatungen sind eine vorgelagerte Stufe zu klassischen Energieberatungen. Diese entlasten alle Energieberaterinnen und Energieberater sowie Handwerker zeitlich und inhaltlich, da die Hauseigentümer bereits die Grunddaten aufgenommen haben und wissen, was Sie erreichen wollen. Durch die Trennung von baulicher Sanierung und energetischer Sanierung mit Austausch fossiler Energiesysteme und Ertüchtigung der Hausstromleitungen entsteht mehr Klarheit und erleichtert die finale Entscheidung.

Diese Entscheidung ist dann fundiert. Denn es steht fest, welche Energiesysteme (Solarstrom, Kühlung/Wärme und E-Mobilität) und bauliche Sanierungsmaßnahmen im eigenen Haus wirtschaftlich verantwortbar sind.

Erstberatungen müssen auf die hohe Zahl von einer Million Haushalte pro Jahr ausgerichtet werden. Ein Baustein darin ist der online-Wärmepumpenberater der Europäischen Energiewende Community, ein weiterer das Energiewende-Zentrum, eine Initiative zur vor-Ort-Beratung.

Ganzheitliches Konzept

Noch immer wird Energieberatung und energetische Sanierungen mit Dämmungsmaßnahmen gleichgesetzt. Doch nur eine Kombination von Photovoltaik, klimaneutralen Heizungssystemen, Elektromobilität, Strom- und Wärmespeicher sowie Steuerung wird die Wärmewende entscheidend voranbringen. Die einzelnen Komponenten sollten immer zusammen geplant werden. Dies verkürzt die Umsetzungsziele, CO-Ausstoß und ganz besonders die Energiekosten erheblich, die ja sonst für jeden Sektor der Bereiche einzeln installiert, betrieben und berechnet werden. Allein dadurch sind Kosteneinsparung von 2/3 möglich. Denn die Lösungen sind vorhanden:

  • Eine Photovoltaikanlage mit Stromspeicher ist der zentrale Baustein, um ein Gebäude ganzjährig eigenen Strom zu erzeugen. Mit 70 % Hausstrom-Reduzierung werden die öffentlichen Stromnetze und die Haushaltskasse massiv entlastet. Auch im Winter kann der Beitrag zum Heizen 30 % oder mehr betragen –
  • wenn man eine steuerbare Wärmepumpe installiert.
  • Für reine Warmwasseranwendungen kann auch Solarthermie durchaus sinnvoll sein. Im Bereich Hochvakuum-Röhren können einzelne Hersteller sogar ganzjährig Warmwasser aus Solarthermie garantieren.
  • Als Ergänzung für einzelne Räume, bei sehr gut gedämmten Räumen auch anstatt einer Wärmepumpe bieten sich Infrarotheizungen an. Sie benötigen in etwa die gleiche Strommenge wie Wärmepumpen (Studie ausgerechnet im Referenzhaus)
  • Die Preise für Batterien sind stark gefallen und fallen noch weiter. Je nach Verhältnis von Strombedarf und eigener Strom-Erzeugung lohnen sich Batterien mit entsprechender Steuerung immer häufiger, denn ohne Stromspeicher liegt der maximale Eigenstromanteil bei ca. 30 %.
  • Wärmespeicher dienen zur Pufferung der Nachfrageseite (Heizung, Warmwasser) und dem Wärme- oder Stromangebot. Außerdem glätten sie die Verbrauchsspitzen und verlängern so die Lebenszeit von Wärmepumpen, bzw. auf Strom basierende Wärmeerzeuger.
  • Dort wo es die geologischen Strukturen zulassen, kann über Geothermie nachgedacht werden. Jedoch spielen hier auch noch verschiedene Genehmigungsbehörden eine wichtige Rolle. Dies könnte das Projekt verteuern oder durch zu hohe Bürokratie auch scheitern. Bei Tiefen unter 99 Meter stellt sich für 1-2 Familiengebäude oft die Finanzfrage, Geothermie kann aber für Wohnungsbauunternehmen oder für Mehrfamiliengebäude in Frage kommen. Für Mehrfamiliengebäude oder andere große Gebäudekomplexe sind die völlig neu konstruierten Erdkollektoren eine sinnvolle Alternative.
  • Natürlich muss die Effizienz immer mit geplant werden, besonders im Altbestand. Jedes Gebäude ist ein Unikat. Damit keine zu große Wärmepumpe eingebaut wird, muss von Anfang an untersucht werden, welche Maßnahmen der energetischen und baulichen Sanierung notwendig sind und wie viel Wärmeverlust sie einsparen. Viele Maßnahmen sind mit geringem Aufwand möglich (z.B. Dämmung der obersten Geschoßdecke). Sind bauliche Maßnahmen unvermeidbar, sollten dies unbedingt mit einem Energiesystemberater besprochen werden. So kann vor einer baulichen Sanierung beispielsweise eine kleinere Wärmepumpe eingebaut werden, als zum Zeitpunkt vor der Dämmungsmaßnahme eigentlich notwendigen Leistung nötig wäre. Denn meist lässt sich durch intelligente Steuerung, Innenraumdämmungen oder anderen Maßnahme der zusätzliche Stromverbrauch reduzieren, bis die bauliche Sanierung nachgeholt wird. Dies ist ganz besonders wichtig, wenn die Finanzmittel nicht für eine gleichzeitige bauliche und energetische Sanierung reichen. Dies ist ein elementar wichtiger sozialer Aspekt, der meist nicht beachtet wird.
  • Elektroautos brauchen große Mengen Strom. Durch intelligente Kopplung von Wechselrichter und Wallbox kann der Ladestrom der Erzeugung angepasst werden, so dass möglichst viel Solarstrom in die Batterie fließt. Solche Kopplungen werden von einigen Herstellern direkt angeboten oder können durch Hausautomatisierungssysteme (z.B. home assistant, evcc, node red) realisiert werden. In naher Zukunft spielt auch die Rückladefähigkeit der Batterien zurück in die Gebäude ein wichtiger Bereich.

Nicht sinnvoll sind:

  • Heizungen, die auf Wasserstoff oder E-Fuels basieren. Es gibt keine Netze, keine Heiztechnik und vor allem gibt es keinen bezahlbaren Wasserstoff. Dieser wird in den nächsten fünf Jahren dringend in der energieintensiven Industrie benötigt. Eine energetische Sanierung mit von Strom betriebenen Heizungssystemen ist die einzige erfolgversprechende Strategie für flächendeckende Umstellung auf erneuerbare Energien.
  • Holz/Pellets: diese nachwachsenden Rohstoffe unterliegen genauso wie Gas und Öl den Weltmarktpreisen und Lieferkonditionen. Um Deutschland flächendeckend mit Holz zu heizen, gibt es gar nicht genug Holz. Außerdem wird bei der Verbrennung gespeichertes CO frei, dass eigentlich vermieden werden muss. Bis ein neuer Baum nachgewachsen ist, dauert es Jahrzehnte, bis die verbrannte Menge CO kompensiert ist.

Mehrfamilienhäuser

In Mehrfamilienhäusern befinden sich die meisten Wohnungen. Soziale Probleme entstehen immer wieder nach baulichen Sanierungen, wenn die geringe Einsparquote eine größere Mieterhöhung oder gar Entmietung nach sich zieht. In der Energieflatrate bauen die Investoren erneuerbare Energien auf oder an das Dach, bzw. beteiligen sich an Energiegenossenschaften. Wichtig ist, dass die wirtschaftlichsten und einfach kalkulierbaren Heizungen eingebaut werden, möglichst ohne Wartung und personellen Kostenaufwand für die Nebenkostenabrechnung. Im Energieflatrate-Modell wird die Miete auf Jahre fixiert. Dieses Model entschärft viele soziale Probleme und erreicht zudem für Investoren hohe Renditen durch die oben beschriebene Sektorenkopplung.

Bürgerenergie

Eine der wichtigsten Turbomaßnahmen besteht darin, Nachbarschaftsstrom bei Photovoltaiküberschuss gegenseitig zu beliefern. Daher ist Bürgerschaft in Finanzierung, Wertschöpfung und Netzstromvermeidung zwingend mit einzubeziehen. Im Bundestag ist das Solarpaket II im Geschäftsgang. Dort ist vorgesehen, dass Überschussstrom aus Photovoltaik auch an den unmittelbaren Nachbarn verkauft werden. Schon jetzt sind einige Varianten legal nutzbar. Die Aufgaben der Bürgerenergiegemeinschaften besteht darin, dieses so genannte Energy-Sharing in einem Umkreis von 50 Kilometer umzusetzen.

Fazit

Herausfordernde und unsichere Zeiten brauchen durchgreifende und zielgerechte Lösungen. Diese müssen wirtschaftlich, sozial gerecht und gesellschaftlich akzeptabel sein. Durch mehr Ehrlichkeit in einer fachlich umfassenden Energieberatung und in der Politik steigt die Akzeptanz der Energiewende insgesamt. Gerade hier liegt die Stärke vom Konzept „Erstinformation“. Dadurch werden die Bemühungen von Klimaschutzgegnern, regierungsunfähigen Parteien und gierige Profitkonzernen ausgehebelt. Wenn wir zusammen die Wärmewende angehen, dann schaffen wir das!

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